Junge Steinkäuze breiten sich nach ganz bestimmten Mustern aus. Dazu gehört, dass die Männchen sich meist in der Nähe des Elternreviers ansiedeln, während die Weibchen sich meist viel weiter bewegen. Außerdem brüten die Tiere am liebsten in Rufnähe anderer Tiere.
Die Frauen wandern aus – die Männer bleiben Zuhaus
Die unterschiedliche Ausbreitung von Männchen und Weibchen verhindert Inzucht
Der Steinkauz sorgt mit einer ganz speziellen Strategie dafür, dass bei der Neuansiedlung von Jungtieren eine ausreichende genetische Durchmischung stattfindet. Generell siedeln sich die Männchen in der Nähe des Elternreviers an. Bei geeigneten freien Revieren oft nur ein bis zwei km von ihrem Geburtsort entfernt. Die meisten jungen Weibchen suchen dagegen wesentlich weiter nach einem Partner und somit nach ihrem neuen Revier.
Beim SICONA-Schutzprojekt führt dies dazu, dass viele von uns als Jungtiere beringte Weibchen ganz aus der Region verschwinden und nie mehr beobachtet werden. Die jungen Männchen tauchen viel öfter in den folgenden Jahren wieder auf: 85% der festgestellten Männchen stammen aus unserer Region. Dagegen sind die Weibchen in den neu gegründeten Revieren zu mehr als 70% unberingt oder tragen einen ausländischen Ring, stammen also nicht aus unserer Region.
Wie weit sich die Weibchen wirklich bewegen und wo genau die Tiere hinfliegen, ist zum großen Teil nicht nachzuvollziehen, da wir nur sehr selten Rückmeldungen aus anderen Regionen erhalten. Immerhin: bei vier Weibchen gibt es genauere Daten. Zwei unserer Weibchen wurden in Deutschland wiedergefunden, eines bei Mettlach im Saarland (in Nospelt geboren) und eines bei Euskirchen in Rheinland-Pfalz (in Reckange/Mersch geboren). Umgekehrt brüten bei uns zwei Weibchen, die in der Gegend um Euskirchen geboren wurde. All diese Feststellungen lassen vermuten, dass unsere Tiere sich deutlich weiter bewegen, als die durchschnittlich ca. 6 km, die in der Literatur angegeben werden.
Im Regelfall bleiben die Paare, haben sie sich erst gebildet, viele Jahre lang zusammen. Nur selten kommt es zu Umsiedlungen von erwachsenen Weibchen, wohl wenn der Partner verloren geht und sich kein neuer einfindet. Bei uns gab es zweimal eine solchen Fall: ein in Hamiville 2003 beringtes Weibchen wurde 2010 in Bissen brütend festgestellt. Und ein in Schweich (Gemeinde Beckerich) 2005 brütendes Weibchen wurde 3 Jahre später in Bantheville/Meuse in Frankreich 73 km vom ursprünglichen Brutplatz tot aufgefunden.
Steinkäuze brüten gerne in Gruppen (Clustern)
Junge Steinkäuze gründen am liebsten neue Reviere in der Nähe eines bestehenden Vorkommens. Das kann dazu führen, dass im Extremfall zwei Bruten weniger als 200 Meter voneinander entfernt sind; im Regelfall sind es aber 500 bis 1000 m. Ist eine Landschaft von der geeigneten Fläche her groß genug, z.B. 200 ha Viehweiden-dominierte Agrarlandschaft, entstehen im Optimalfall sogenannte Cluster, d.h. gehäufte Vorkommen mit 4 bis 5 Paaren, die Rufkontakt untereinander haben.
Cluster sind sehr wichtig für eine stabile Population: während bei Einzelvorkommen das Vorkommen oft erlischt wenn einer der Partner stirbt, werden in Clustern Ausfälle von Einzeltieren meist schnell ausgeglichen. Dadurch wird auch das Risiko kleiner, dass verwitwete Tiere nicht an der Reproduktion teilnehmen, da sie keinen Ersatzpartner finden.
Zur Clusterbildung ist eine genügend große, zusammenhängende Agrarlandschaft mit einem möglichst hohen Anteil von Viehweiden unabdingbar. Besonders im Südwesten Luxemburgs hat die Landschaftszerschneidung durch die zahlreichen Siedlungen und Infrastrukturen dazu geführt, dass nur noch in wenigen Gemeinden eine solche Clusterbildung möglich ist. Entsprechend hoch sind die Bestandsfluktuationen der Steinkauzpopulation, da die Landschaften vielerorts nur noch für Einzelpaare reichen.