Ganz im Sinne des kürzlich verabschiedeten EU-Renaturierungsgesetz
Wie wichtig es ist, Lebensräume wiederherzustellen und in einen intakten Zustand zu versetzen, zeigt das am 17. Juni 2024 verabschiedete Nature Restoration Law der EU.
Seit über 20 Jahren führt SICONA Maßnahmen zur Renaturierung durch und hat dadurch bis heute über 200 ha artenreiches Grünland wiederhergestellt, einen Großteil davon in Natura 2000-Gebieten. Nach den Vorgaben des Nationalen Naturschutzplans sollen landesweit langfristig 4.000 ha degradierte magere Mähwiesen wieder in einen besseren Erhaltungszustand kommen und zu europäisch geschützten Mageren Flachlandmähwiesen entwickelt werden. Weitere Zielsetzungen gibt es auch für andere Wiesentypen wie die Feuchtwiesen. Es gibt also noch einiges zu tun.
Extensiv bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen sind ein Hotspot des Artenreichtums. Das gilt sowohl für unsere Tier- als auch unsere Pflanzenwelt. Dennoch wurden und werden solche Flächen immer seltener. Gründe für den Rückgang sind vor allem der zunehmende landwirtschaftliche Strukturwandel, aber auch die steigende Zersiedelung. Durch zunehmende mineralische Düngung sowie mehrmalige und frühere Nutzungstermine kommt es zu einer starken Artenverarmung. Der Nationale Naturschutzplan sieht in Anlehnung an die europäische Biodiversitätsstrategie Maßnahmen vor, um die Erhaltung und die Wiederherstellung der artenreichen Wiesen und Weiden zu fördern.
Verfahren
An dieser Stelle kommen Grünlandrenaturierungen zu tragen. Dabei werden auf artenverarmten Wiesen und Weiden wieder typische Pflanzenarten eingebracht. Um diese Arten – darunter zahlrei-che sogenannte Magerkeitszeiger – wieder einzubringen, greift SICONA seit über 20 Jahren auf ver-schiedene Renaturierungsmethoden zurück (Schneider & Breit 2024):
- Mahdgutübertragungen
- Ansaat von Wiesenmischungen, die zuvor mittels einem „Seedharvester“ geerntet wurden
- Ansaat gebietsheimischer Wildpflanzensaatgutmischungen.
Sowohl das Mahdgut als auch die Samen werden auf noch gut erhaltenen artenreichen, alten Wiesen aus der Umgebung gewonnen: den Spenderflächen. Als drittes Verfahren wird das im Rahmen der Arbeit der Genossenschaft „Wëllplanzesom Lëtzebuerg“ auf eigens dafür angelegten Feldern einzel-ner Arten vermehrte Saatgut zu entsprechenden Saatgutmischungen zusammengesetzt.
Bei allen Verfahren steht an erster Stelle die Bodenbearbeitung der Renaturierungsfläche, bei der die Grasnarbe oberflächlich geöffnet wird. Auf dieses Saatbett wird dann im Sommer frisches Mahdgut oder im Frühling oder Herbst die Wiesenmischungen von den Spenderflächen bzw. die Saatgutmischungen ausgebracht. Nach der Keimung der Samen können sich die Pflanzen etablieren und sich über die Jahre in der gesamten Fläche ausbreiten. Durch ein wissenschaftliches Monitoring wird die Entwicklung der Empfängerflächen zur Erfolgskontrolle begleitet. Wichtig ist, dass die Flächen im Idealfall sowohl vor als auch nach der Renaturierung extensiv, d. h. ohne den Einsatz von Pestiziden und mineralischem Dünger, genutzt werden. Dadurch können sich die Flächen zu arten- und kräuterreichen Wiesen und Weiden mit hoher Futterqualität entwickeln.
Ergänzend zu den flächigen Renaturierungsverfahren werden einzelne Zielarten, deren Übertragung mittels der obigen Verfahren schwieriger ist, gezielt als Jungpflanzen in die Renaturierungsflächen gepflanzt. Dabei werden sie in Gruppen von etwa 100 bis 200 Individuen ausgepflanzt. Bisher wur-den so von SICONA über 30 Arten und weit mehr als 25.000 Individuen seltener und gefährdeter Arten ausgepflanzt.
Erfolgskontrolle & Fachaustausch
Die Auswertung der Monitoringdaten über 10 Jahre hat nun gezeigt, dass es uns gelungen ist, den auf europäischer und nationaler Ebene geschützten Lebensraumtyp Magere Flachlandmähwiese erfolgreich wiederherzustellen (Biro et al. 2024). Auch zeigen die Entwicklungen der Wiederansiedlungen seltener Pflanzenarten Erfolge, wobei die Überlebens- und Etablierungsraten artspezifisch stark schwanken (Breit et al. 2023).
Das Netzwerk Renaturierung fördert den Erfahrungsaustausch im Bereich der Renaturierung zwischen Wissenschaftlern und Praktikern und möchte Kontakte und Expertisen für effiziente, nachhaltige Lösungen in der Renaturierungsökologie bereitstellen. Regelmäßiger Fachaustausch bereichert die gemeinsamen Zielsetzungen und festigt Kooperationen.
Literatur
Biro, B., Wolff, C. & S. Schneider, 2024. 10 Jahre Monitoring belegen die Wiederherstellung Magerer Flachlandmähwiesen in Luxemburg. Natur und Landschaft 4: 161–173. https://doi.org/10.19217/NuL2024-04-01
Breit, F., Albrecht, H. & S. Schneider, 2023. Wiederansiedlung gefährdeter Arten der Pfeifengraswiesen in Luxemburg. Tuexenia 43: 229–258. DOI: 10.14471/2023.43.005
Schneider, S. & F. Breit, 2024. Faktoren eines Erfolgskonzeptes. Schulterblick: Erfahrungsaustausch zu Renaturierungen von artenreichem Grünland. In: Naturschutz und Landschaftsplanung, 56 (07): 32–35. Online unter: https://www.nul-online.de